Claudia Reinhardt

Witwen/Widows

Publiziert bei The Green Box, Berln 2020

»Der kranke Schmetterling
Weiß bald wieder vom Meer«
Nelly Sachs  In den Wohnungen des Todes

EXPOSÉ

Als ich über den Tod von Frau D.`s Mann erfuhr, war ich sehr berührt. Ich kenne Frau D. und ihre Familie von Kindheit an. Jetzt, nach fast fünfzig Jahren, - ich hatte sie selten in dieser Zeit gesehen, - dachte ich wieder an sie. Ihr Mann war an Parkinson erkrankt. Als sich sein Gesundheitszustand verschlechterte, widmete sie sich ausschließlich seiner Pflege bis er verstarb.
Ich erinnerte mich, wie es aussah in den Häusern und Wohnungen, als ich Kind war, in den siebziger Jahren. Damals waren die Frauen Mütter und Hausfrauen. Die Witwen trugen schwarz bis an ihr Lebensende. Das eigene Heim war ihr Refugium. Schon immer faszinierten mich die dunklen Schlafzimmer mit den schweren Eichenholz Ehebetten, die Wohnstuben, die nie benutzt wurden (höchsten, wenn mal auswärtiger Besuch kam) , die blitzblanken Küchen und die Badezimmer, die selbst im Winter kalt und unbeheizt blieben. Sinnbild einer deutschen Kindheit. Entwürfe über Frauen, die einer Generation angehören, die es bald nicht mehr geben wird.
Trauerarbeit ist eine Weiterfuhrung meiner Publikation No Place Like Home, die 2007 im Verbrecher Verlag herausgegeben wurde. In diesem Buch hatte ich mich mit meiner Kindheit und der Bedeutung von Heimat, befasst. Eine Identitätssuche, die mich in das Leben der Generation meiner Eltern führt.
Als ich mit diesem Projekt begann, war meine Mutter schon viele Jahre schwer krank. Ebenfalls mit der Diagnose Parkinson. Sie verstarb im April 2013, mit neunundsiebzig Jahren. Ihr Tod machte es noch dringlicher, mich mit Frauen, der Kriegskindergeneration zu beschäftigen. Diese Projekt ist meiner Mutter gewidmet.

Grief is triggered by the loss or death of the beloved. All people share this fundamental experience, though it is addressed or repressed in different ways, dependant on the culture and character of the individual. Melancholy, an endless mourning, could be viewed as the remnant of an uncompleted grieving process owing to its social or individual denial.

In my work Trauerarbeit - the work of mourning, I started an investigation and dialogue with female widows in the generation of her parents (the war generation) in order to find images which could express the notion of grief and the pain of loss and emptiness. Through a long process she requested access to their homes and photographed these interiors.

The aim for me is not however to provide a documentation of widows and their grief. I am not interested in simply regurgitating an accurate documentation neither of the living spaces I visit, nor of reinforcing stereotypes of grief and loneliness through overused imagery. Far more, I hope to awaken associations and describe what grief actually means, as a necessary process and as part of life's work. The question is - how are memories preserved, how does one live with loss, where do the 'gaps' show, the grief? With these images drawn from interior spaces I want to explore and make tangible a world otherwise only felt, an internal state of emotion and melancholy.